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Nur graduelle Unterschiede des Autoritären

Covid-Unruhen: China ist überall

28.11.2022

| Lesedauer: 2 Minuten
Chinas Regierung ist trotz des Widerstands einer kleinen Minderheit seiner 1,4 Milliarden Bürger fest entschlossen, an ihrer Zero-Covid-Strategie festzuhalten. Einen Wertewettbewerb zwischen China und dem Westen kann ich bei den Covid-Politiken nicht erkennen, die Ähnlichkeiten autoritären Herrschens aber sehr wohl.

Auslöser der Proteste, so dringt aus China heraus, war ein Wohnungsbrand in der nordwestchinesischen Stadt Ürümqi mit mindestens zehn Toten und weiteren Verletzten wegen der Behinderung der Löscharbeiten durch abgesperrte Viertel aufgrund der üblichen Covid-Maßnahmen.

Chinas Regierung ist trotz des Widerstands einer kleinen Minderheit seiner 1,4 Milliarden Bürger fest entschlossen, an ihrer Zero-Covid-Strategie festzuhalten. Xi und seine KPCh bleiben bei ihrem Narrativ, damit das Leben der Leute zu schützen und das Gesundheitssystem vor einem Zusammenbruch zu bewahren. Das hört sich an wie Lauterbach und alle maßgeblichen Politiker in Westeuropa während der Covid-Jahre. Der Illusion, das wäre bei uns ein für allemal vorbei, gebe ich mich nicht hin.

[inner_post 1] Hatte die KPCh keine anderen als die offiziell genannten Gründe für ihre von Anfang an rücksichtslose Zero-Covid-Strategie, die nicht bekannt wurden, dürften sich die Gründe für die Covid-Maßnahmen-Katastrophen in China und den meisten Ländern des Westens gleichen wie ein Ei dem anderen. Populistisch überstürzt in Gang gesetzt und immer weiter verschärft richteten die Covid-Politiken menschliche Opfer in großer Zahl an, ideell und materiell, wirtschaftlich und sozial, kulturell und gesellschaftlich.

Den Unterschied zwischen chinesischer und westlicher autoritärer Politik macht im Moment aus, dass sich das westliche Covid-Regime lautlos und feige verflüchtigt – ohne jede offene und kritische Aufarbeitung der verheerenden Fehler oder gar die Benennung der Verantwortlichen. Ich mache mir nichts vor, eine Wiederholung aus anderem Anlass als Covid ist im Westen jederzeit möglich.

Xi und die KPCh bleiben stur bei ihrer Zero-Covid-Strategie, weil der wie Mao unumschränkt herrschende Diktator keinen Fehler eingestehen kann, ohne nicht seine persönliche Herrschaft oder gar die der KPCh zu riskieren.

Gegenwärtig sind nur drei der hundert größten Städte Chinas ohne – meist äußerst rigide – Lockdown-Maßnahmen. Dass es nun offenen Protest von Chinesen in Peking und anderen Millionenstädten wie Schanghai, Chengdu, Chongqing, Wuhan, Nanjing und Guangzhou gegen ihre Diktatur gibt, überrascht mich weniger als das Erlebnis, dass Bilder und Töne der Proteste aus China in die Welt gelangen und in Einzelfällen sogar Bildberichte von westlichen Journalisten die Protestierenden filmen können.

[inner_post 2] Noch erstaunlicher: Nicht nur Protest gegen das Zero-Covid-Regime ist zu hören: «Hebt den Lockdown auf» – «Wir wollen keine PCR-Tests, wir wollen Freiheit». In Schanghai skandierten in der Nacht zum Sonntag hunderte junger Leute: «Nieder mit der kommunistischen Partei! Nieder mit Xi Jinping!». Erzürnte Bürger sangen nach Videoberichten auf einem öffentlichen Platz die chinesische Nationalhymne: «Erhebt euch, die ihr euch weigert, Sklaven zu sein».

Und spätestens da kommt China zu uns in den Westen. Die Anchorfrau im ORF ordnete die Berichte aus China als Kampf für die westlichen Werte von Freiheit und Demokratie ein, die bis zum Erfolg leider noch lange dauern müssten. Ähnliches findet sich in vielen westlichen Medien. Aufbegehren gegen Corona-Maßnahmen in China ist gut, in westlichen Ländern schlecht.

Wie groß oder klein ist der Unterschied zwischen Hausarrest erzwungen durch verschlossene Häuser, Wohnviertel und Städte in China und Hausarrest durch Quarantäne-Vorschriften, Ausgangssperren und verbotene öffentliche Einrichtungen im Westen? Wie Medien im Westen mit dem autoritären Corona-Regime im fernen Osten und nahen Westen umgingen, beleuchtet der Beitrag eines Kollegen.

Einen Wertewettbewerb zwischen China und Westen kann ich bei den Covid-Politiken nicht erkennen, die Ähnlichkeiten autoritären Herrschens aber sehr wohl.


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