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Plumpsklos, "aber vornehm"

Berlins „Portal in die Zukunft“: ein Plumpsklo

01.04.2023

| Lesedauer: 2 Minuten
Berlin installiert für 1,7 Millionen 24 klima-, strom- und wasserneutrale Plumpsklos. Es ist kein Aprilscherz. Berlins „grüner“ Staatssekretär Markus Kamrad, zuständig für „Zentrales und Verbraucherschutz“, präsentiert die ersten dieser in Parks stationierten Toiletten.

Was ist der Unterschied zwischen dem römischen Kaiser Vespasian (Regent von 69 bis 79) und dem (noch) regierenden Berliner Senat? Ganz einfach: Berlin hat 66 Milliarden Euro Schulden aufgetürmt; es erhält aus dem Länderfinanzausgleich (in den Bayern 9,8 Milliarden einzahlt) pro Jahr 3,6 Milliarden Euro; und es baut für 1,7 Millionen 24 klima-, wasser- und stromlose öffentliche Toiletten, Stückpreis: 70.000 Euro. Und Vespasian? Er sanierte die von Nero vergammelten Staatsfinanzen, unter anderem weil er eine Latrinensteuer einführte. Als Vespasians Sohn daran Anstoß nahm, antwortete der Kaiser: „pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht).

So weit, so gut? Nein! Es ist kein Aprilscherz. Berlins „grüner“ Staatssekretär Markus Kamrad (*1971), zuständig für „Zentrales und Verbraucherschutz“, monatliches Grundgehalt etwa 11.000 Euro, präsentiert die ersten dieser – pro Bezirk zwei – in Parks stationierten 24 Toiletten am 30. März gegenüber der Presse. Der Herr Staatssekretär lobte zudem: „Gerade Corona hat uns gezeigt, dass öffentliche Toiletten ein wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge sind.“ Das Ganze wird nun in einem einjährigen Pilotprojekt der Senatsumweltverwaltung erprobt.

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Die Parktoiletten sind „autark“, sie kommen ohne Wasser und Strom aus. Dem nicht genug: Die Toiletten bestehen aus hellem Holz, haben eine Edelstahlrampe und milchweißes Plastikdach, sie sind barrierefrei, rollstuhlgerecht, kostenlos, vandalismusresistent, mit Handhygiene, per App lokalisierbar und gendergerecht (mit Unisex-Urinal). Apropos „Gender“: Das Urinal ist geschlechtergerecht niedriger als herkömmliche Pissoirs und schmaler, sodass auch Frauen es nutzen können. Statt mit Wasser wird mit Strohmehl „gespült“. Das Angebot sei insbesondere an Senioren gerichtet, erklärte ein anderer „Grüner“, der Steglitzer Bezirksstadtrat Urban Aykal. Denn Senioren würden sich mangels Toiletten teilweise dreimal überlegen, ob sie in einem größeren Park spazieren gehen oder nicht. Und: Gerade von Frauen gebe es ein „phänomenales Feedback“.

Aber die Entsorgung? Die Sitztoilette trennt Flüssiges von mehr oder weniger Festem. Durch Drehen an einem Rädchen rieselt Strohmehl auf die Hinterlassenschaft und neutralisiert das Ganze olfaktorisch und visuell. Alle 24 Toiletten werden im 24-Stunden-Takt gesäubert und kontrolliert. Die menschlichen Fäkalien werden in einem 30-Liter-Behälter nach Eberswalde gebracht, wo durch Kompostierung ein „Superdünger“ entsteht. Und der verkauft sich womöglich gut. Womit wir wieder bei Vespasian wären: „pecunia non olet“.

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„Wir verstehen diese Toiletten als ein Portal in die Zukunft“, erklärte Florian Augustin. Er ist Geschäftsführer der Firma „Finizio – Future Sanitation“ (Motto: „Finizio veredelt menschliche Ausscheidungen zu fruchtbarer Erde – hygienisch, geruchsneutral und effizient.“) Und er meint: Menschlicher Kot habe ein enormes Potenzial, die Biodiversitätskrise zu adressieren. Das klingt ein wenig nach Radio Eriwan: „Und wieder ist es uns gelungen, aus Sch… Kuchen zu machen.“

Ausprobiert wurde die Ökotoilette beim Pressetermin noch nicht. Der Herr Staatssekretär wollte doch nicht auf ein entsprechendes Foto: „Ich mache fast alles mit … Aber öffentliches Toilettenprobesitzen – ein solches Bild wird man nie wieder los.“ Klar: Kamrad wird sich nach der Bildung eines neuen Berliner Senats (ohne die „Grünen“) um einen neuen Job umschauen müssen. Da wäre ein Bild von einem auf einer Klobrille sitzenden Bewerber vielleicht unpassend. Aber was heißt das schon in Berlin!? Vielleicht wird er Co-Geschäftsführer von „Finizio“.

Oder aber der Herr Staatssekretär a.D. geht dann einer früheren Berufung nach, die er branchennah schon mal eingeschlagen hatte: Im Jahr 2009 hat der moderne Vater Kamrad ein 272-Seiten-Buch beschrieben mit dem Titel: „Wir Wickelprofis.“ Gelernt ist eben gelernt.

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