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Teilweise jeder zweite Zug unpünktlich

Das Neun-Euro-Ticket hat bei der Bahn zu deutlich mehr Verspätungen geführt

04.01.2023

| Lesedauer: 2 Minuten
In der Zeit des Neun-Euro-Tickets haben die Verspätungen der Bahn und privater Anbieter deutlich zugenommen. Netz und Personal scheinen dem Ansturm nicht gewachsen gewesen zu sein. Nun kommt das 49-Euro-Ticket.

21 Millionen verkaufte Tickets. Mit dieser Zahl machten die Ampelkoalition und die mit ihr befreundeten Journalisten das Neun-Euro-Ticket zum medialen Erfolg. Doch noch während das Ticket galt, stellten sich Zweifel ein: Auf 21 Millionen verkaufte Tickets im Juni folgten 14 Millionen verkaufte Tickets im August. Noch während der Preis von 9 Euro galt, brach das Interesse am bundesweiten Bahnfahren also um ein Drittel ein.

Nun kommt das 49-Euro-Ticket. „Schnellstmöglichst“, wie Volker Wissings (FDP) Verkehrsministerium verspricht. Was auf Deutsch heißt: Wir haben es nicht pünktlich geschafft. Dass Bund und Länder es nicht geschafft haben, einen Nachfolger für den vermeintlichen Erfolg zu präsentieren, liegt vor allem am Geld. Denn selbst die 49 Euro decken die Kosten des Schienenverkehrs nicht. Die 9 Euro haben das erst recht nicht getan – und trotzdem brach das Interesse an dem Ticket schon in zwei Monaten um ein Drittel ein.

Zwar will die rot-grün-gelbe Regierung, dass mehr Menschen auf Busse und Bahn umsteigen. Doch die Strutkur der Bahn und ihrer wirklich privaten Wettbewerber ist dem Ansturm offensichtlich nicht gewachsen. Nicht in der Personalstärke und nicht im Schienennetz. Das zeigte sich in den Monaten Juni bis August, als der nicht kostendeckende Preis von 9 Euro galt. Die Bahn fuhr in der Zeit dramatische Verspätungen ein. Vor allem im Fernverkehr. Teilweise kam nicht mal jeder zweite Zug pünktlich. Das geht aus einer Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage von CDU und CSU hervor.

Im Juni waren im Bahn-Bezirk West nur 47,3 Prozent der Fernzüge pünktlich. Zum Vergleich: Im Juni 2020 waren es noch 73,3 Prozent gewesen. Im Bezirk Mitte ist die Pünktlichkeit im Vergleichszeitraum von 79,2 auf 50,8 Prozent zurückgegangen. Zwar waren die totalen Zahlen in anderen Bezirken etwas besser, aber die Zunahme an Verspätungen war vergleichbar. So ging von Juni 2020 auf 2022 die Pünktlichkeit im Bahn-Bezirk Ost von 86,7 auf 67.6 Prozent zurück. Ähnliches gilt für den Nahverkehr, wobei bei diesem die gesamten Zahlen deutlich besser sind und auch die Zunahme an Verspätungen geringer ausgefallen ist.

Die Union hat sich in ihrer Anfrage auf Verspätungen konzentriert, die durch Personalausfall entstanden sind. Doch laut der Antwort des Ministeriums sind in diesem Bereich die Zahlen weniger dramatisch: Demnach hätte fehlendes Personal zwar zwischen 1. Januar und 31. Oktober zu 375.000 Verspätungsminuten geführt. Das entspreche aber nur 0,3 Prozent aller Verspätungsminuten in diesem Zeitraum.

Insgesamt haben die Bahn und ihre wirklich privaten Mitbewerber in neun Monaten rund 125 Millionen Minuten an Verspätung eingefahren. Diese Zahl stammt nicht vom Verkehrsministerium – ergibt sich aber aus den anderen Angaben des Hauses.
Wonach die Union nicht gefragt hat: Welche Rolle das Schienennetz und die Qualität der Technik an und auf den Schienen für die Verspätungen spielt? Dieses Desinteresse von CDU und CSU lässt sich leicht erklären: In 16 Jahren Amtszeit hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar „Klimaziele“ und den Umstieg auf die Bahn propagiert, aber für deren Netz nur wenig getan. Neue Schienenstrecken waren die Ausnahme, selbst in den Erhalt investierten die meist von der CSU gestellten Verkehrsminister zu wenig. Wäre interessant zu wissen, wie viele der 125 Millionen Verspätungsminuten auf diese Versäumnisse zurückgehen. Doch die Union will das lieber nicht wissen. TE schon. Eine entsprechende Anfrage ans Verkehrsministerium ist gestellt.

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