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Dreistigkeit, Wählerbetrug und Tricksereien

Bei Illner: Grünes Zünglein an der Schulden-Waage

von Gastautor

14.03.2025

| Lesedauer: 3 Minuten
Die Union muss sich die Zustimmung der Grünen erkaufen, damit Merz Kanzler werden kann. Bislang bietet er 50 Milliarden an. Das ist den Grünen zu wenig. Sie zieren sich und treiben die Preise in die Höhe. Schwachpunkt der Sendung: Es gibt keine Debatte über die Sinnhaftigkeit der Schulden. Mahnende Stimmen fehlen.

Politisch Interessierten bleibt in Zeiten wie diesen der Mund offen stehen. Selten wurde in der politisch-medialen Öffentlichkeit ein so unwürdiges Schauspiel aufgeführt. Nicht nur, dass der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz alle Wahlversprechen über Bord wirft, nein, er lebt auch noch in aller Öffentlichkeit politische Korruption vor. Damit die Grünen ihm eine durch massive Verschuldung finanzierte Kanzlerschaft ermöglichen, wedelt Merz vor den Grünen mit Milliarden für Klimaschutz wie ein Hund mit dem Schwanz. Eigentlich ist die Wählertäuschung der Union an Dreistigkeit kaum noch zu überbieten, aber die Union und Friedrich Merz schaffen in diesen Tagen alles. Der alte Bundestag soll noch schnell seinen Segen geben, damit Friedrich Merz die Geldpresse anwerfen kann.

Demokratietheoretisch ein Armutszeugnis und ein zusätzlicher Schlag ins Gesicht der Bevölkerung. Völlig zurecht gibt es von der Opposition Klagen in Karlsruhe gegen diese Trickserei. Der Talk an diesem Abend ist die Fortsetzung des Irrsinns der letzten Tage. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann muss argumentativ wild um sich rudern, um die Aufgabe sämtlicher Punkte des CDU-Wahlprogramms erklären zu können. Gleichzeitig verhält er sich gegenüber den Grünen demonstrativ unterwürfig. Die Grünen-Chefin Franziska Brantner allerdings zeigt sich demonstrativ unbeeindruckt.

Offensichtlich haben die Grünen erkannt, dass sie noch sehr viel mehr von der Union erpressen können. Großer Schwachpunkt der Sendung ist, dass es keine wirklich kritische Debatte über die Sinnhaftigkeit der Schulden gibt. Mahnende Stimmen sind unter den Diskutanten quasi inexistent.

Unter Merz erreicht die Wählertäuschung eine neue Dimension

Wäre Wahlversprechen zu brechen eine olympische Disziplin, wäre Friedrich Merz der glasklare Gold-Favorit. Für Merz zählen weder Land noch Partei. Sein einziges Ziel ist die Kanzlerschaft. Buchstäblich jeden Preis würde der Sauerländer zahlen, um an sein Lebensziel zu kommen. Selten hat ein Politiker seine Glaubwürdigkeit schneller verspielt. Erst führte die Union einen konservativen Wahlkampf gegen SPD und Grüne. Nur, um einen Tag nach der Wahl die Politik von SPD und Grünen zu übernehmen. „Ich erkenne Friedrich Merz wieder“, erklärt CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. „Friedrich Merz hatte sich offen gezeigt“, meint Linnemann zur Positionsänderung von Merz. Wo und wann sich Friedrich Merz tatsächlich offen gezeigt hat, sagt Linnemann nicht.

[inner_post 1] In Dutzenden Auftritten während des Wahlkampfs klang Merz zugeknöpft, wenn es um eine Änderung der Schuldenbremse ging. Aber die Schlüssel zum Kanzleramt baumeln vor der Nase von Merz und da muss er sich politisch flexibel zeigen. Linnemann selbst ist immer noch im Text des Wahlkampfs unterwegs. Er beklagt: „Der Staat ist verkrustet.“ Allerdings hat er seine rigorose Ablehnung neuer Schulden genauso wie Merz aufgegeben. „Wenn der Politikwechsel kommt, kriegen wir den Aufbruch hin“, erläutert Linnemann. Gemeint ist eine Kombination aus Schulden und Strukturreformen. „Sie müssen den Staat erst reformieren“, kritisiert der Journalist Gabor Steingart. Der Staat müsse erst agil werden, dann könne über Schulden gesprochen werden, findet Steingart.

Grünen-Chefin Franziska Brantner beklagt ebenfalls fehlende Reformen. „Im Sondierungspapier steht kein Wort über Reformen der sozialen Sicherungssysteme“, sagt sie. Außerdem würde bei den Schulden für die Verteidigung die Finanzierung der Ukraine fehlen, sagt Brantner. Die Journalistin Eva Quadbeck vermutet richtig, dass das viele Geld ein Kitt der Koalition sein soll. Sie vermutet: „Ideologische Konflikte sollen mit Geld zugeschüttet werden.“ Für die Union steht viel auf dem Spiel. Die Vermutung liegt nahe, dass es vier schuldenfinanzierte Jahre werden, in denen sich die Politik den nötigen Reformen des Sozialstaates verweigert. Sollte es so kommen, dürften sich viele ohnehin enttäuschte Wähler von der Union abwenden.

Grüne wollen Wahlgeschenke verhindern

Die neuen Schulden könnten von der neuen Regierung dafür genutzt werden, um geplante Projekte aus der Haushaltsfinanzierung herauszunehmen. Dadurch würde Geld für teure Wahlgeschenke frei werden. Die Grünen sehen diese Gefahr und verweigern deshalb bisher ihre Zustimmung. „Es ist eine Mogelpackung“, kritisiert Franziska Brantner die geplanten Schulden. „Im Haushalt soll Platz geschaffen werden für neue Wahlgeschenke“, vermutet die Grüne. Weil die Grünen keine Lust auf Wahlgeschenke für andere Parteien haben, gibt es bislang einen Daumen nach unten für Union und SPD. Carsten Linnemann versucht zu beruhigen. Er versichert: „Zusätzliches Geld muss für zusätzliche Projekte sein.“ Außerdem fordert er umfangreiche Strukturreformen.

[inner_post 2] Journalist Gabor Steingart glaubt nicht an die versprochenen Strukturreformen. „Aus dem Sondervermögen soll der Sozialstaat finanziert werden“, kritisiert er. In der Tat sind Linnemanns angekündigte Strukturreformen wahrscheinlich die nächste Wählertäuschung. Die SPD denkt überhaupt nicht daran, etwas beim Bürgergeld oder den Renten zu reformieren. Der Plan der Genossen geht vielmehr in die Richtung, dass über die vielen neuen Milliarden der Sozialstaat finanziert werden soll, so wie er jetzt ist.

Besonders das Sondervermögen für die Infrastruktur öffnet Tür und Tor für die missbräuchliche Verwendung der neuen Milliarden. „Das Feld der Infrastruktur ist ein weites“, meint die Grünen-Chefin Brantner dazu. Es kommt aber vor allem auf die Grünen an, wenn die Union und die SPD ihr Sondervermögen beschließen wollen. Die Grünen pokern im Moment um die Milliarden. Ihr Ziel dürfte darin liegen, möglichst viel Geld für Klimaprojekte zu bekommen. Bislang bietet Friedrich Merz 50 Milliarden Euro an. Das ist den Grünen wohl zu wenig.

Alles in allem hat die Politik in Deutschland sehr viel Glaubwürdigkeit verloren. Sollten die Monster-Schulden tatsächlich durch den alten Bundestag entschieden werden, ist neben der Glaubwürdigkeit auch die Legitimität der Politik beschädigt. Wozu wählt der Bürger neu, wenn am Ende die alten Politiker den neuen Politikern den finanziellen Spielraum vorgeben?

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