Der Traum vom ewigen Frieden auf der Welt oder wenigstens auf dem eurasischen Kontinent wird wohl auch über einen irgendwann so oder so beendeten Russland-Ukraine-Krieg ein Traum bleiben. Einem solchen Traum konnte sich die Welt nur um das Jahr 1990 mit dem Wegfall des Eisernen Vorhangs für sehr kurze Zeit hingeben. Ausgerechnet der Schüler von Samuel Huntington, Francis Fukuyama, rief das „Ende der Geschichte“ (so der Titel seines Buches 1992) und den definitiven Sieg der liberalen Ordnung auf der ganzen Welt aus. Begierig griffen Pazifisten und Sozialpolitiker aller Länder Fukuyamas These auf: Finanzen für Militär konnten/sollten nun zugunsten sozialpolitischer Wohltaten ausgegeben werden.
Vor allem die Deutschen ließen sich davon verleiten. Aus einer Bundeswehr mit 495.000 „Mann“ wurde binnen 30 Jahren eine Bundeswehr mit 180.000 „Mann“. Die NVA der DDR mit rund 175.000 „Mann“ wurde völlig abgewickelt. Die Wehrpflicht wurde 2011 auf Betreiben von Merkel, zu Guttenberg und der FDP ausgesetzt, und Gelder für die Bundeswehr wurden auf ein Minimum eingedampft: Waren es in den 1980er Jahren noch mehr als 3 Prozent des BIP, die für Verteidigung ausgegeben wurden, so sank der BIP-Anteil im Jahr 2005 auf 1,0 Prozent, um sich dann erst ab 2020 auf 1,3 bis zuletzt 1,5 Prozent zu erholen. Das war immer noch unterhalb der Nato-Vereinbarung von 2,0 Prozent des Jahres 2002, erneuert im Jahr 2014.
[inner_post] Nun taucht bei den CDU/CSU/SPD-Koalitionsbeschnupperungen der Plan auf, für die Finanzierung der Bundeswehr auf Jahre hinaus ein 500-Milliarden-Sondervermögen (im Klartext: Sonderschulden) zu installieren. Qua Aufhebung der Schuldenbremse und auf mehrere Jahre hinaus. Dass das nicht nur verfassungsrechtlich, sondern auch haushaltrechtlich höchst fragwürdig ist, sei wenigstens erwähnt, denn das Budgetrecht ist das jährlich (!) neu zu beschließende oberste Recht eines Parlaments.
Wie auch immer: Die Bundeswehr braucht mehr Geld. Das ist seit Jahren bekannt. Und sie braucht mehr Personal. Auch das ist seit Jahren bekannt. Brisant bewusst wurde das der Regierungs-„Elite“ aber offenbar erst mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 und noch brisanter in den ersten Wochen des Jahres 2025: namentlich mit dem Amtsantritt des wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump, der im Grunde – wenn auch mit markanteren Worten – nur wiederholte, was sein Vorgänger, der Demokrat Barack Obama (2009 – 2017), und Trump selbst in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021, gefordert hatten: dass Europa sich sicherheitspolitisch mehr und mehr auf eigene Füße stellen müsse, weil sich die USA mehr in Richtung des indopazifischen Raums orientieren wollten.
Wenn der Münsteraner Verwaltungsrechtler Hinnerk Wißmann nun am 9. März in einem FAZ-Namensbeitrag titelt „Geld kann nicht verteidigen“, dann ist das natürlich ein Stück Wahrheit. Aber, es sei angefügt: Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist auch hier alles nichts. Wißmann bemüht eine internationale Vergleichsstatistik und hält fest: Die Bundeswehr sei mit 66,8 Milliarden Dollar pro Jahr die weltweit siebtteuerste Armee der Welt. Ist doch klar, dass größere Länder mit mehr Bevölkerung absolut mehr für Verteidigung ausgeben. Platz 1 bis 4 nehmen in absoluten Ausgaben hier USA (916 Milliarden), China (296 Milliarden), RUS (109 Milliarden) und Indien (83 Milliarden) ein. Das UK übrigens steht auf Platz 6 mit 74,9 Milliarden.
Platz 7 mag es hier für Deutschland ja sein, aber aussagekräftiger wäre gewesen, wenn Wißmann die BIP-Anteile der Länder herangezogen hätte. Dann wären die Bevölkerungszahl eines Landes und die Kaufkraft in den Vergleich eingeflossen. Was den BIP-Anteil betrifft, rangiert Deutschland unter allen Nato-Mitgliedern übrigens nur auf Platz 17.
Recht hat Wißmann indes, wenn er mehr „Streben nach Effizienz“ bei den Ausgaben für die Bundeswehr fordert. Das ist nicht nur eine haushaltspolitische Frage, sondern auch eine Frage der Psychologie. Denn der Steuerzahler findet sich mit Geldausgaben oder gar mit Schuldenmachen eher ab, wenn er bewiesen bekommt, dass das Geld auch sinnvoll eingesetzt wird.
Das war und ist in der Bundeswehr nicht immer der Fall gewesen. Hier ist einiges abzustellen bzw. in Zukunft zu berücksichtigen. Nachfolgend ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit einige Beispiele von unnützen, zumindest fragwürdigen Ausgaben:
- Afghanistan-Einsatz 2001 bis 2021: 17,3 Milliarden; Mail-Einsatz 2013 bis 2023: 4,3 Milliarden (dafür wurden zahlreiche Anschaffungen auf die lange Bank geschoben);
- Gorch-Fock-Renovierung 2015 bis 2021: 135 Millionen;
- von-der-Leyen-Beraterverträge 2013 bis 2019: 200 Millionen;
- nie betriebsbereite Großdrohne Euro Hawk für 900 Millionen bis 2017;
- Betrieb von 10 Fachschulen, wiewohl die Teilnehmerzahl seit 2014 um 72 Prozent zurückgegangen ist, Kosten p.a. 25 Millionen;
- Kauf von 2,6 Millionen Batterien: Handelspreis 0,21 Euro: gekauft wurde zum Stückpreis von 3 Euro. Verlust: ca. 7 Millionen;
- Flugbereitschaft: 15 Flugzeuge und 2 Hubschrauber; mit 1.300 Personal (p.a. 75 Millionen), Materialerhaltung 80 Millionen; p.a. ca. 1.800 Flüge, davon fast die Hälfte Leerflüge, und Hunderte an zwecklosen Flügen einer Außenministerin;
- Monsterbehörde „Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr“ (BAAINBw) mit 11.000 Beschäftigten an 116 Dienstorten;
- dazu viele übertechnisierte „Goldrandlösungen“;
- von der Anschaffung von Schwangerenuniformen ganz zu schweigen.
Fazit: Es kann und muss ökonomischer gearbeitet werden. An einer deutlichen Erhöhung des Militärhaushalts für Landesverteidigung (nicht am Hindukusch) führt dennoch kein Weg vorbei.
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