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Interview mit Ulrich Vosgerau

Demonstrations-Auflösung: Vermutlich rechtswidrig

29.08.2020

| Lesedauer: 2 Minuten
Die Auflösung der Corona-Demonstration könnte rechtswidrig gewesen sein, weil die Polizei durch Einkesselung und Verengung die Maskenpflicht provoziert hat.

Ulrich Vosgerau, Privatdozent für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht sowie Rechtsphilosophie an der Universität Köln, nahm gegenüber TE Stellung zur kurzfristigen Auflösung der Corona-Demo in Berlin.

TE: Wie beurteilen Sie rechtlich, dass die Polizei durch ihr Vorgehen die Demonstranten in die Situation bringt, sich ja gar nicht mehr an die Abstandsregeln halten zu können, weil Sie vorne und zur Seite gestaut wurden und von hinten immer mehr Leute nachkamen.

Ullrich Vosgerau: Das ist natürlich offensichtlich unzulässig, wenn es so war. Denn die Versammlungsauflagen dienen ja der öffentlichen Sicherheit. Wenn die Polizei deren Einhaltung gerade unmöglich macht, um die Versammlung zu „illegalisieren“, wäre das ein noch viel größerer Skandal als die Äußerungen des Innensenators über die wahren politischen Motive des nur scheinbar mit gesundheitlichen Gründen versehenen Versammlungsverbots.

Erweckt es nicht den Eindruck, dass auf diese Weise das Urteil des Verwaltungsgerichts unterlaufen werden soll?

Ja. Die „Gefahrendiagnose“ des Innensenators sollte dann wohl im Nachhinein gegenüber den Verwaltungsgerichten bestätigt werden. Dafür ist aber die Polizei nicht da.

Die Veranstalter wollen ja jetzt juristisch gegen die Auflösung vorgehen. Ist es möglich in eine solche laufende polizeiliche Maßnahme hinein eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Gab es so etwas schon einmal?

Eine einstweilige Verfügung gegen eine laufende Auflösung ist nicht realistisch. Man muss die Auflösung hinnehmen und hinterher die sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage erheben. Mit ihr kann im Nachhinein die Rechtswidrigkeit der Versammlungsauflösung bzw. der Polizeitaktik überhaupt geklärt werden.

Die Veranstalter haben ja u.a. gesagt, dass niemand davon abgehalten werden kann zur Siegessäule „zu spazieren“. Was würde in einem Fall passieren, in dem die Demo sich derart auf nicht genehmigte Weise weiterentwickelt?

Auch eine Spontandemonstration fällt grundsätzlich unter die Versammlungsfreiheit. Das gilt aber nicht, wenn diese so spontan nicht ist, sondern erkennbar die Fortsetzung einer verbotenen Versammlung. Dann ist das strafbar.

Vielen Dank für das Gespräch!


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