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Die Stille Reserve

3,1 Millionen Menschen wollen arbeiten, können aber nicht

30.01.2023

| Lesedauer: 2 Minuten
Rund 3,1 Millionen Menschen befinden sich in der „Stillen Reserve“. Das heißt: Sie wollen arbeiten, können aber nicht. Die Mehrheit von ihnen ist gut ausgebildet.

Stationen in Krankenhäusern müssen stillgelegt werden, weil es an Pflegern mangelt. Busse und Bahnen fahren seltener, weil es im Winter an Fahrern fehlt. Und in Gaststätten herrscht immer öfters Selbstbedienung, weil keine Kellner da sind. Vor dem Fachkräftemangel wird in Deutschland schon seit über 20 Jahren gewarnt – nun erlebt das Land sogar einen Arbeitskräftemangel. Weil es auch für schlecht bezahlte Jobs mit geringen Voraussetzungen nicht genug Menschen gibt, die diese übernehmen wollen – oder können.

Gleichzeitig befinden sich 3,1 Millionen Menschen in der „Stillen Reserve“, wie das Statistische Bundesamt mitgeteilt hat. Diese Menschen sind zwischen 15 und 74 Jahre alt und haben im „Mikrozenus“, also der Volksbefragung, angegeben, dass sie arbeiten möchten. Sie sind aber weder bei der Agentur für Arbeit noch im Jobcenter als arbeitslos gemeldet – tauchen also in der monatlich veröffentlichten Statistik nicht auf.

[inner_post 1] Das Statistische Bundesamt teilt diese rund 3,1 Millionen Menschen in zwei große Gruppen auf: 1,4 Millionen Menschen arbeiten nicht, weil sie Kinder, Kranke oder Ältere pflegen müssen oder weil sie nicht glauben, eine Arbeit finden zu können. Die dritte Gruppe ist mit rund 1,8 Millionen Menschen diffuser. Das Statistische Bundesamt umschreibt die Gruppe so: „Sie umfasst Nichterwerbspersonen, die zwar weder eine Arbeit suchen noch kurzfristig verfügbar sind, aber dennoch einen generellen Arbeitswunsch äußern.“ Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2021 und sind abgerundet.

Es ist schwer, sich dieser Gruppe zu nähern, die sagt, sie wolle arbeiten, es aber nicht tut. Das Wirtschaftslexikon Gabler geht daher über die Definitionen des Amtes hinaus. Es zählt auch Frührentner zur „Stillen Reserve“ und Menschen, die Agentur und Jobcenter in „Maßnahmen“ schicken – auch um sie aus der Statistik zu holen. All die Sprach- und Integrationskurse also oder die Seminare zum Training für Bewerbungsschreiben, Abschließen des Gabelstapler-Führerscheins oder Aufhübschen der eigenen Persönlichkeit. Ansonsten zeigt eine Netz-Recherche, dass Menschen die nicht arbeiten oder arbeitssuchend sind, obwohl sie eigentlich arbeiten wollen, ein blinder Fleck der Berichterstattung sind.

Frauen stellen knapp 56 Prozent der „Stillen Reserve“. Mit knapp 60 Prozent sind sie besonders stark in der Gruppe vertreten, die eigentlich keinen richtigen Grund zum Zuhausebleiben nennt. Insgesamt gehen dem Arbeitsmarkt mit der „Stillen Reserve“ wertvolle Arbeitskräfte verloren: 60 Prozent der Betroffenen haben laut Statistischem Bundesamt entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung oder Abitur.

Der Arbeitsmarkt sucht händeringend nach Arbeitskräften. Das „Beschäftigungsbarometer“ ist laut Ifo-Institut im Januar von 99,6 auf 100,2 Punkte gestiegen. Die Unternehmer seien wieder optimistischer und stellten entsprechend ein. Derzeit gelten demnach in Deutschland 45,7 Millionen Menschen als beschäftigt – so viel wie noch nie. Besonders der Maschinenbau und die Elektroindustrie stellten aktuell ein, teilt das Ifo-Institut mit, würden sich aber schwer damit tun, die notwendigen Mitarbeiter zu finden.

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